Die Nachricht vom Absturz des vollbesetzten Airbus des Lufthansa-Tochterunternehmens Germanwings war schon fürchterlich genug, aber die Erklärung, wie es dazu kam, hat dem Ereignis eine zusätzliche Dimension gegeben. Die Debatten werden noch lange Zeit andauern, aber schon jetzt lassen sich ein paar Beobachtungen rund um die Tragödie in den südfranzösischen Alpen machen und in der Folge Gedanken anstellen.
Da ist zunächst der Betroffenheitstourismus der Politiker festzuhalten, die Anreise des deutschen Außenministers und des Verkehrsministers zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Hilfskräfte vor Ort, alle Hubschrauber für die Bergungsaktion benötigt werden. Es riecht nach Wahlkampf. Da fallen neben der Blitzreise zum Unglücksort am Tage danach die sorgfältig inszenierten Auftritte der Bundeskanzlerin ins Auge, während andere europäische Spitzenpolitiker spontan, ohne ein Blatt Papier ihr Beileid ausdrückten, wie der unlängst ins Amt gekommene junge spanische König bei seinem Staatsbesuch in Paris, der unmittelbar nach Bekanntwerden des Unglücks abgebrochen wurde.
Wie sehr sich die Verhältnisse bei großen Unglücken im Laufe der Jahre verändert haben, lässt sich bei einem Vergleich mit einem Zugunglück ermitteln, bei dem im Mai 1971 im Sauerland über 40 Schulkinder ums Leben kamen. Photos von der Schule wurden damals im Fernsehen nicht gezeigt, das betroffene Bundesland Nordrhein-Westfalen rief einen Tag der Trauer aus, und der damalige Bundeskanzler Willy Brandt und der zuständige Verkehrsminister kamen sechs Tage später zu der Beerdigung der Toten, ein würdiges Großereignis, an dem neben den beiden Spitzenpolitikern aus dem nahen Bonn 10.000 Menschen teilnahmen.
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