Weder Geld noch mehr Staat kann die Qualität des Schulwesens verbessern. Am Ende zeichnen sich die qualitativ guten Schulen dadurch aus, dass Eltern, Schüler und Lehrer zusammenwirken und auch mal eigene Freizeit in ihre Schule investieren.
Die staatliche deutsche Schule ist mit den Entwicklungen, die in der Gesellschaft stattfinden, erkennbar überfordert. Sie hat keine Ruhe, um Konzepte zu entwickeln, unzählige Erlässe prasseln auf sie nieder, Reform folgt auf Reform. Allerdings richten sich auch zu viele Erwartungen an den Staat, es mangelt am Engagement der Eltern und in weiterer Folge auch der Lehrer. Am Ende dieser Kette stehen die Schüler. Wenn sie nicht erfahren, dass man mit persönlichem Einsatz etwas bewegen kann, werden auch sie allmählich lustlos und müde.
Geld ist nicht das Entscheidende, um eine gute Schule zu machen. Aber ohne den Einsatz einiger Euros und einer nicht unerheblichen Spendenbereitschaft geht es auch nicht. Manche Ausgabe lässt sich vermeiden, wenn man selbst anpackt, wenn sich Eltern und Lehrer finden, die auch einmal an einem Samstagnachmittag etwas reparieren oder einen Klassenraum streichen. Denn mit dem äußeren Eindruck, den eine Schule vermittelt, fangen die Dinge an.
Als ich vor einigen Monaten ein deutsch-türkisches Gymnasium in Norddeutschland besuchte, war der äußere Eindruck des Gebäudes ordentlich. Aber zwischen den Betonplatten am Eingang der Schule wucherte das Gras. Ich empfahl der Schulleitung, an einem Nachmittag einmal einige Schulklassen zum Säubern des Geländes einzusetzen, und man nahm meinen Vorschlag gern auf.
Sehr wichtig für die Herausbildung eines Gemeinschaftsgefühls ist das gemeinsame Essen. Ich habe mittlerweile gelernt, dass dieses einen hohen Stellenwert bei den Deutschtürken hat, ähnlich wie bei den anderen mediterranen Völkern, und die Türken der Gegenwart sind zu dieser Gruppe hinzuzurechnen.
Wenn Eltern die Schulküche managen
In den Schulen der Deutschtürken wird gemeinsam gegessen. Das Essen kommt nicht vom Caterer, sondern wird von fleißigen Helferinnen, die ehrenamtlich oder für sehr wenig Geld arbeiten, in der Schulküche zubereitet. Bei einem Elternabend erlebte ich, dass die Mütter der Kinder die Schulküche inspizierten, um sich vom ordentlichen Zustand des Raumes und von der Qualität der Zutaten einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Die Qualität der Schulmilch war bei der anschließenden Sitzung ein nicht ganz unwichtiges Thema.
Noch weiter auf diesem Weg ist ein Berliner Gymnasium gegangen, an dem sich eine große Gruppe von Eltern ehrenamtlich um das leibliche Wohl der Kinder kümmert. Als dort an einem Morgen entdeckt wurde, dass für das Mittagessen Zutaten fehlten, erbot sich ein mithelfender, den Damen nicht bekannter Herr dazu, seinen Fahrer loszuschicken, um die fehlenden Lebensmittel heranzuschaffen.
Die anwesenden Damen flüsterten sich zu: „Wer ist das?“, „Kennt einer den Mann?“ Rasch stellte sich heraus, dass der Herr nicht zum ersten Mal Brote schmierte und seine an diesem Morgen verhinderte Ehefrau vertrat. Am Ende stellte sich heraus, dass es sich um den Vater eines prominenten Politikers handelte. Ob prominent oder nicht: Gemeinsames Essen, gemeinsame Zubereitung von Essen stärken das Gemeinschaftsgefühl. Das Argument, keine Zeit zu haben, überzeugt nicht. Bei der Berliner Elterninitiative sind über 100 Teilnehmer aktiv. Auch, wer nur zwei Stunden in der Woche oder pro Monat Zeit hat, ist willkommen und kann sich in die Schichtpläne eintragen.
Die Schulgemeinschaft ist mehr als die Summe ihrer Teile
Man sieht: Es kommt nicht nur auf die Schulleitung an, eine gute Schule bedarf auch der richtigen Beteiligung der Eltern bei den passenden Themen. Aber ohne eine über die bloße Vermittlung von Unterrichtsstoff hinausreichende Beteiligung der Lehrer geht es auch nicht. Eine der besten Schulen Berlins erzielt ihre Resonanz und Wirkung dadurch, wie man intern einräumt, dass sie ein reichhaltiges Nachmittagsangebot bereithält. Die Kinder lernen also nicht nur, sondern können auch ihren Drang nach Bewegung, nach Abwechslung, nach musischer Betätigung ausleben.
Durch eine derartige Breite des Angebots werden die Spielräume sichtbar, die Schulen haben. Sie dürfen sich über das Notwendige hinaus am engen Zügel der staatlichen Verwaltung führen lassen. Die Mitglieder der Schulgemeinschaft, also Direktor, Lehrkörper, Schüler und Eltern, haben mehr Möglichkeiten als viele Pädagogen glauben, die allerdings selbst durch die Erhöhung der Stundenzahlen und Mehraufgaben seit Jahren überlastet sind.
Wer sich engagiert, verändert sich dabei auch, reift am Ende zu jener Lehrerpersönlichkeit heran, die nach Vorbild und Orientierung suchende Schüler brauchen. Schule kann auf einfache Art und Weise gut sein.
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